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Ramboux-Kunstpreis der Stadt Trier 2010

19. Dezember 2010 bis 27. Februar 2011

Der Vergaberhythmus für den Ramboux-Preis, den die Stadt Trier im Bereich der Bildenden Kunst verleiht, wurde im Jahr 2010 von ursprünglich zwei auf vier Jahre erhöht. Der Preis zielt vornehmlich auf die Aus- und Weiterbildung junger Künstlerinnen und Künstler aus der Region Trier, kann aber auch für ein Lebenswerk vergeben werden. Im Jahr 2010 stand wieder die Förderung junger Kunst im Vordergrund.

Bis zum ersten 1. Oktober 2010 konnten Bewerberinnen und Bewerber eine Mappe im Stadtmuseum Simeonstift abgeben, die anhand von Fotos oder Publikationen einen Eindruck ihres künstlerischen Schaffens vermittelte. Aus diesem Konvolut wählte eine Jury die sieben weiter unten jungen Künstlerinnen und Künstler aus. In diesem Jahr gehörten der Jury an:

  • Dr. Elisabeth Dühr, Kunsthistorikerin, Direktorin Stadtmuseum Simeonstift Trier
  • Kevin Muhlen, Kunsthistoriker, Direktor Casino Luxemburg, als Vertreter des Kulturdezernenten Trier
  • Prof. Andrea van der Straeten, Künstlerin, Universität Linz
  • Herbert Lauer, Künstler, als Vertreter der Tuchfabrik Trier
  • Bodo Korsig, Künstler, als Vertreter der Europäischen Kunstakademie Trier

Die im Jahr 2010 Nominierten waren die Fotografin Nicole Ahland, die filigran arbeitende Malerin Chikako Kato, Jan Kiefer und Martin Kleppe mit Installationen und Skulpturen sowie Pia Müller mit einer Performance und Videoarbeiten, außerdem Judith Röder mit Glasarbeiten sowie Nisrek Varhonja mit expressiver Malerei.

Arbeiten aller Nominierten waren nun in der Wettbewerbsausstellung zu sehen, damit sich auch die Öffentlichkeit einen Eindruck machen konnte. Der Vielfalt der Künstler entsprach auch die Vielfalt der Exponate.

Die Fotoarbeiten von Nicole Ahland (*1970) zeigen leere, diffus beleuchtete Räume in bewusst reduzierten Weiß-Grautönen. Ihr geht es nicht um ein Abbild der Realität, vielmehr verfremdet Ahland ihr Umfeld und taucht es im wahrsten Sinne des Wortes in ein anderes Licht. Der Betrachter spürt, dass in den Räumen einst Leben stattfand, doch jetzt sind sie verlassen. Was bleibt, ist die Erinnerung. Themen wie Zeit und Entschleunigung spielen in ihren Werken eine große Rolle.

Chikako Kato (* 1973) zeigt sich deutlich farbintensiver. Als die gebürtige Japanerin nach Deutschland kam, sprach sie noch kein Deutsch. Deshalb fühlte sie sich manchmal „wie ein elektronisches Teil in einer Maschine, das nicht richtig funktioniert.“ So bildet sie elektrische Widerstände oder Transistoren ab. Die winzigen Details aus der Kommunikationsindustrie sind wichtige Elemente unseres Alltags, die allerdings kaum jemand wahrnimmt. Mit einem haarfeinen Pinsel gruppiert sie die detailliert ausgearbeiteten Einzelteile zu einem neuen Ganzen und lässt sie so zu Sinnbildern unserer Gesellschaft werden.

Gänzlich anders arbeiten Jan Kiefer und Martin Kleppe, die beide mit ihrer Kunst in den Raum hineingehen. Jan Kiefer (* 1979) bewegt die Frage nach den Grenzen der professionellen, zeitgenössischen Kunstproduktion. Was ist Kunst, was doch eher dekoratives Kunsthandwerk oder Design? Seine Installation „Salon Bâloise“ erinnert auf den ersten Blick an ein schlicht und rustikal eingerichtetes Wohnzimmer. Die Formen der Vasen, Bücherstützen oder Kerzenhalter entlehnte Kiefer den Silhouetten repräsentativer, Basler Bauwerke. Gemälde, die zeitgenössische Architekturentwürfe aufgreifen, werden daneben auf Sockeln präsentiert, deren Form durch Möbel seines Wohnzimmers bestimmt ist.

Martin Kleppe (* 1973) dagegen beschäftigt sich mit den verschiedenen Charakteren von Materialien. Seine bevorzugten Werkstoffe sind Textilbeton und Stuckmarmor, zwei sehr unterschiedliche Substanzen: der eine ein aktueller Hightech-Baustoff, der andere eine historische Gipsform, die vor allem zur Zeit des Barock Anwendung fand. Kleppes Skulpturen liegen meist auf dem Boden. Sie befinden sich in einem labilen Gleichgewicht zwischen Fallen und Stehen, man traut ihrer Standfestigkeit kaum. Die Arbeiten scheinen massiv zu sein, doch sind sie innen hohl; die Massivität besteht nur aus einer dünnen Schale. Auch die Optik täuscht, wenn der kühle, hochfeste Gips in seiner Farbigkeit an warme, menschliche Haut erinnert. Schein und Sein, die Täuschung der Sinne, ist sein Thema.

Pia Müller (* 1978), die 2007 mit dem Robert-Schuman-Preis ausgezeichnet wurde, war mit einer Performance und Videoarbeiten zu sehen. „Denkmal, Denk mal!“ wollte die Erinnerung an historische Merkmale einer Stadt beim Betrachter wach rufen. Hoch oben, auf einem im Treppenhaus des Museums montierten Sims kauernd, erinnerte Müller an einen Wasserspeier, der für kurze Zeit lautstark zum Leben erwachte. Videoarbeiten und Fotos, in denen sie sich mit den Themen Vergänglichkeit, Tod und Traumaverarbeitung auseinandersetzt, ergänzten die Schau.

Judith Röder (* 1981) arbeitet mit Glas. Was sie an diesem Material fasziniert, sind die verschiedenen Aggregatzustände, die das Glas annehmen kann. Flüssig lässt es sich formen, kann Abdrücke aufnehmen, die im festen Zustand erstarren und erhalten bleiben. So fixierte sie in einer Arbeit ihren eigenen Atem. Im Stadtmuseum hängte Röder außerdem drei Glasscheiben hintereinander gestaffelt auf. Auf die vorderste Scheibe ist die Videoaufnahme eines Vorhangs projiziert, der sich leicht im Wind bewegt, wodurch die Assoziation eines Fensters erweckt wird. Die Glasscheiben vereinen in sich den Gegensatz von Grenze und Durchlässigkeit, sie sind Trennscheibe und Öffnung zugleich.

In starkem Kontrast zu dieser Arbeit standen die farbintensiven, expressiven Malereien von Nisrek Varhonja (* 1979). Pastos aufgetragen, sind sie mehr drei- als zweidimensional. Die eigene Erfahrung und das Begreifen von dem, was Raum ist, gehört zu ihrer künstlerischen Arbeit. Sie bildet den Grundstein für ihre Auseinandersetzung mit Malerei und Materialität, Dimension und Maßstab.

Die große Bandbreite der Arbeiten in Technik, Format und Aussage machte natürlich auch den Reiz einer solchen Ausstellung aus. Zugleich präsentierte sich sehr konzentriert ein Querschnitt des aktuellen Kunstschaffens der Region auf hohem Niveau. Aus der ausgestellten Auswahl bestimmte die Jury Nicole Ahland und Judith Röder als Preisträgerinnen. Der Ramboux-Preis war verbunden mit einem Ankauf in Höhe von 6.000 Euro und einer Einzelausstellung im Sommer 2011.