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Staatspreis und Förderpreis für das Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz 2019

16. März bis 21. April 2019

Innovationskraft, Funktionalität, Materialgespür und handwerkliche Qualität sind einige der Kriterien, die eine überzeugende Gestaltungsidee auszeichnen. Seit mehr als 40 Jahren fördert der »Staatspreis für das Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz« diesen Anspruch.

Das Land Rheinland-Pfalz hatte zum 20. Mal gemeinsam mit den Handwerkskammern des Landes den Staatspreis ausgelobt. Die Förderpreise werden bereits seit 1960 und der Preis des Handwerks seit 1998 überreicht. In dem Wettbewerb werden alle drei Jahre zukunftsweisende Ideen und überdurchschnittliche Arbeiten prämiert. Für das Jahr 2019 waren 87 Bewerbungen aus den Bereichen Fotografie, Keramik, Stein, Holz, Metall, Textil, Leder, Schmuck, Gerät, Glas und Edelstein eingereicht worden. Die Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift präsentierte insgesamt 145 Exponate. Sie bot den Besuchern einen Überblick über das aktuelle Geschehen im gestaltenden Handwerk in Rheinland-Pfalz.

Mit dem Staatspreis für das Kunsthandwerk war eine Geldzuwendung des Landes Rheinland-Pfalz von insgesamt 15.000 Euro verbunden. In dem Jahr 2019 wurden drei Staatspreise vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz vergeben, dotiert mit jeweils 5.000 Euro. Mit dem Staatspreis in Höhe von 5.000,00 € wurde die Korbmachermeisterin und Flechtwerkgestalterin Monika Nickel-Stein aus Kindenheim / Landkreis Bad Dürkheim für ihre aus Weide geflochtenen Objekte ausgezeichnet. Sie ist selbstständig tätig und Mitglied der Handwerkskammer der Pfalz. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Florian Aicher: „Mit den Weidengeflechten Wäschekorb, Umhängetasche und Raumteiler von Monica Nickel-Stein zeichnet die Jury eine Arbeit aus, die auf ganz eigene Weise den Bogen des Handwerks aufspannt. Ob es das innovative Spiel der Geometrien, die ergonomische Verbesserung oder die inspirierende Kombination mit modernen Materialien ist – wer aus der Tradition seines Handwerks schöpft, ist offen für Neues. Und schafft es mühelos vom Objekt zur Raumbildung.“

Einen Staatspreis in Höhe von 5.000,00 € erhielt der Keramiker Ricus Sebes aus St. Goar / Rhein-Hunsrück-Kreis für seine Gefäße aus Porzellan. Er arbeitet als freischaffender Keramiker. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Andreas J. Schiegnitz: „Die hohe Kunst der Kristallglasur wird auf großer Bühne im Wechselspiel mit den aus dem Inneren der Erde emporsteigenden Schichtungen der Zeit variiert. Das grob schamottierte Porzellan sowie die Glasuren und der Schlicker sind vom Künstler selbst hergestellt. Organische und anorganische Materialen als experimentelle Bestandteile der Oberflächen, durch die Hitze Gestalt und Zustand wandelnd; mit all dem hat Ricus Sebes eine ganz eigene Sprache gefunden.“

Einen Staatspreis in Höhe von 5.000,00 € nahm die staatlich geprüfte Bekleidungstechnikerin und Designerin Stefanie Wiebelhaus aus Deidesheim / Landkreis Bad Dürkheim für ihre Modekollektion „Wechselspiele“ entgegen. Sie ist selbstständig tätig in ihrem Atelier für individuelle Mode und Maßarbeit. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Kristiina Karinen: „Wechselspiele, so nennt die Designerin Stefanie Wiebelhaus ihre stimmige, harmonische und mit vielen raffinierten und gut durchdachten Details gestaltete Kollektion. Die Schnittführung mit Merkmalen aus der Männermode kombiniert mit weiblichen Elementen wird unterstützt durch die gelungene Auswahl von hochwertigen Materialien wie reiner Wolle und Cashmere. Die Zurückhaltung der Farben, die Konzentration auf feine, präzise Schnitte und Passform überzeugt. Das Wechselspiel mit der Außenseite der Kleidung, die gesehen wird, und der Innenseite, die individuell gefühlt wird, lässt viel Raum für die Persönlichkeit der Trägerin.“

Den Förderpreis für das Kunsthandwerk, ausgelobt von den Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz, erhielten drei Handwerker/innen, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Einen Förderpreis in Höhe von 1000,00 € erhielt Lisa Maria Durchholz aus Trier. Sie ist Maßschneiderin und Modedesignerin (B.A.), zurzeit absolviert sie das Masterstudium in Modedesign an der HS Trier. Ausgezeichnet wurde sie für diverse Bekleidungsstücke aus Kaschmir und Seide. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Kristiina Karinen: „Die Masterarbeit-Kollektion »Broken« der Designerin Lisa Maria Durchholz ist inspiriert von der japanischen Kunst, zerbrochenes Porzellan neu zusammenzusetzen. Es ist ein Spiel mit bekannten Formen, dabei entstehen auch vollkommen neue Zusammenhänge und Möglichkeiten. Drapierungen, experimentelle, dreidimensionale und dynamische Schnitte, die hochwertigen Materialien und der Fokus auf Tragbarkeit und Funktion beeindrucken in ihrem Ideenreichtum.“

Einen Förderpreis in Höhe von 1000,00 € erhielt Natascha Frechen, Goldschmiedin aus Windesheim, zurzeit Bachelorstudium of Fine Arts, HS Trier, Idar-Oberstein, für ihre Brosche aus Achat, Weißgold, Objekte aus Achat, Olivenholz, Palisander, Holz und Fundstück. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Cornelie Holzach: „Man mag sie kaum anfassen, diese winzigen, zarten Objekte und Schmuckstücke von Natascha Frechen. Perfekt gefertigt, sind sie so aufreizend zierlich, dass einem die eigenen Hände wie grobe Werkzeuge erscheinen, sollte man es wagen, sie in die Hand zu nehmen. Der Umgang mit den Materialen Holz und Edelstein ist im wahrsten Sinne des Wortes zur Spitze getrieben, sodass sie ihren wahren Charakter nahezu verleugnen.“

Ein Förderpreis in Höhe von 1000,00 € wurde Andreas Kosok, Tischler aus Konz-Krettnach, für sein Hexagon Sideboard aus Corian und Räuchereiche überreicht. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Andreas J. Schiegnitz: „Federleicht wirkt dieses Möbel auf den ersten Blick. Grazil wirkt es durch die gute Linienführung des hochpräzis gearbeiteten Gestells. Die überaus fantasievolle wie geschickte Neudefinition eines Rollladens ist wirklich preiswürdig. Ein hohes handwerkliches Niveau, verbunden mit spielerischen Leichtigkeit, zeichnen diese Arbeit aus.“

Mit dem Preis des Handwerks Rheinland-Pfalz war eine Geldzuwendung der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz von insgesamt 5.000 Euro verbunden. Der Preis wurde im Jahr 2019 an fünf Handwerker/innen vergeben. Mit dem Preis des Handwerks in Höhe von 1000,00 € wurde Philipp Gröninger ausgezeichnet, Gold- und Silberschmiedemeister aus Bendorf-Sayn, Landkreis Mayen-Koblenz. Er ist Mitglied der Handwerkskammer Koblenz und konnte sich bereits 2016 über diesen Preis freuen. Sein kunstvoll übereinander gestapeltes Silberobjekt besteht aus acht Einzelgefäßen. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Unk Kraus: „Die 8-teilige Silberschmiedearbeit aus küchenaffinen Gebrauchsgegenständen überwältigt alleine schon durch ihre humorvolle Skulpturalität und lässt erahnen, wieviel Regiearbeit auf die Balance der Gerätschaft verwendet wurde. Dass der handwerklichen Ausarbeitung eine meisterliche Perfektion innewohnt, überrascht dann schon nicht mehr – hier arbeitete der kreative Masterplan eines kühnen Denkers und Arbeiters, der sein Werk dem freien Gebrauch des Benützers anheimstellt.“

Ein Preis des Handwerks in Höhe von 1000,00 € wurde der Fotografenmeisterin Roswitha Kaster aus Riol / Landkreis Trier-Saarburg für sieben Porträtaufnahmen überreicht. Sie ist Inhaberin eines Fotostudios und Mitglied der Handwerkskammer Trier. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Florian Aicher: „Mit der „Portraitfotografie in der Arbeitsumgebung“ von Roswitha Kaster zeichnet die Jury eine handwerkliche Fotoarbeit aus. Das ganz Eigene, das in dieser traditionellen Verankerung frei wird, ist dem Kontext des Handwerks auf besondere Art verpflichtet. Den Portraits ist nämlich gemeinsam, dass sie die Person, der sie von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten, mit Hand und Werkzeug darstellen. Damit bestätigen sie, was Handwerk im Kern ist: Hand und Kopf – eine Einheit. Und sie bestätigen, woraus Handwerk seine Würde und Gültigkeit bezieht: seinem tätigen Verhältnis zu Welt.“

Einen Preis des Handwerks in Höhe von 1000,00 € konnte Frank Schumacher, Edelsteinschleifermeister und Gemmologe aus Otterberg / Landkreis Kaiserslautern, für besondere Edelsteinschliffe in Bergkristall und Amethyst entgegennehmen. Das Mitglied der Handwerkskammer der Pfalz wurde bereits 2016 mit dem Preis des Handwerks ausgezeichnet. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Cornelie Holzach: „Einem Edelstein das zu entlocken, was in ihm steckt, ist die Kunst des Steinschleifens. Flächen und Facetten so zu setzen, dass der Stein strahlt und funkelt, das Licht bricht und viel mehr wird als durchsichtiger oder farbiger Kristall, macht die Qualität eines Steinschleifers aus. Frank Schumacher hat mit seinen Schliffen dieses Kunststück erreicht. Ohne auf den ersten Blick spektakulär zu sein, sieht und spürt man Können, Raffinesse und Liebe zu den Edelsteinen in seiner ausgefeilten Schlifftechnik.“

Einen Preis des Handwerks in Höhe von 1000,00 € erhielt die Tischlerei Sommer aus Breitscheid, Inhaber Tischlermeister Gregor Sommer, für »Schrank.Büro« Home Office aus Kernesche massiv mit Riegel. Das Mitglied der Handwerkskammer Koblenz wurde bereits 2001 und 2010 mit dem Staatspreis ausgezeichnet. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Florian Aicher: „Mit dem Schrankoffice der Schreinerei Sommer zeichnet die Jury ein Objekt aus, das unter Beweis stellt, dass Kunsthandwerk nicht zuletzt Handwerkskunst ist. Die kommt dort zum Zug, wo die seriellen Objekte unserer Industriekultur den konkreten Bedarf verfehlen; das ist insbesondere bei der individuellen Einrichtung unserer Wohn- und Arbeitswelten der Fall. Dieses Eingehen auf den besonderen Fall ist Alleinstellungsmerkmal des Handwerks. Beispielhaft für solches Schreinerhandwerk im Einrichtungsbereich wird das Schrankoffice ausgezeichnet.“

Mit dem Preis des Handwerks in Höhe von 1000,00 € wurde Eduardo Tarin, Schmuckdesigner (M.F.A.) und Goldschmied aus Idar-Oberstein / Landkreis Birkenfeld, für seine innovative Bearbeitung von gelbem Jaspis, Achat und Labradorit ausgezeichnet. Edu Tarin arbeitet in der Firma PAULY – THE ART OF CARVING in Idar-Oberstein. Auszug aus der Begründung des Jurymitglieds Unk Kraus: „Die grundsätzliche Struktur seiner Anhänger, die rückläufig feststehende Schlaufe, ist in seiner Einfachheit unübertroffen und stellt dennoch räumliche Komplexität dar. Durch die Spiegelung der negativ korrespondierenden, aus der Brekzie gefrästen Form macht er uns auf die getane Arbeit und den Ursprung des Materials aufmerksam.“

Einen Preis des Handwerks in Form einer Urkunde erhielt der Handwerksbetrieb von Edelsteingraveurmeister Hans Ulrich Pauly, Arbeitgeber von Eduardo Tarin. In der Firma PAULY – THE ART OF CARVING in Idar-Oberstein werden Edelsteine bearbeitet, die weltweit gefragt sind. Nicht zuletzt für Kunstobjekte namhafter zeitgenössischer Künstler. Hans Ulrich Pauly ist Mitglied der HWK Koblenz.