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Nahe den Alten Meistern. C.W.E. Dietrich (1712-1774)

9. Oktober 2011 bis 26. Februar 2012

Er war einer der ganz Großen seiner Zeit, ein international gefragter Künstler, gesammelt und geschätzt von Fürsten und Kunstkennern: Christian Wilhelm Ernst Dietrich (1712–1774). Von den Zeitgenossen wurde er gefeiert und gerühmt, er war ein talentierter Maler und ein exzellenter Radierer, außerdem Hofkünstler in Dresden. Der bedeutende Archäologe und Kunstschriftsteller Johann Joachim Winckelmann äußerte sich wie folgt über ihn: „Herrn Dietrich zu Dresden kenne ich sehr genau: es ist der Raphael unserer und aller Zeiten in Landschaften.“

Heute ist der Name C.W.E. Dietrich im internationalen Kunstbetrieb eher eine kleine Größe. Anlässlich des 300. Geburtstags unternahm das Stadtmuseum Simeonstift Trier zusammen mit der Graphischen Sammlung des Fachs Kunstgeschichte der Universität Trier eine Neubewertung dieses vergessenen Großmeisters. Rund 100 Exponate – Radierungen, Holzschnitte und Schabkunstblätter sowie großartige Gemälde aus deutschem Museumsbesitz – boten erstmals seit 200 Jahren die Möglichkeit, sich umfassend über den sächsischen Ausnahmekünstler zu informieren.

Die Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift Trier zeigte Gemälde und Grafiken von C.W.E. Dietrich in Gegenüberstellung. Neben- und untereinander gehängt, erlaubten sie einen direkten Vergleich der beiden Kunstgattungen. Eingehend konnten Details betrachtet und kleine Änderungen studiert werden. Welche Motive variierte Dietrich leicht? Und was hatte diese Veränderung für Konsequenzen für die Bildwirkung? Fragen dieser Art wurden in der Ausstellung beantwortet, sie erschlossen sich durch bloßes Hinsehen.

Die Sonderschau entstand in Zusammenarbeit mit der Universität Trier, mit Dr. Stephan Brakensiek, dem Kustos der dortigen Graphischen Sammlung des Fachs Kunstgeschichte. Vor zwei Jahren zeigte er bereits ein kleine Auswahl an grafischen Blättern in der Städtischen Galerie in Schwalenberg, Gemälde als Vergleich fehlten jedoch. Das Stadtmuseum Simeonstift zeigte nun auch diese und erlaubte damit erstmals einen unmittelbaren Vergleich der motivischen Nähe zwischen Malerei und Radierung.

C.W.E. Dietrich, Die Anbetung der Hirten, 1740

C.W.E. Dietrich – eine Kurzbiografie

C.W.E. Dietrich wurde am 30. Oktober 1712 in Weimar geboren. Schon als Kind feierte man ihn als Wunderknaben der Malerei, der seinen Lehrmeister und Vater Johann Georg Dietrich bald an Fertigkeit und Raffinesse übertraf. Der Vater schickte ihn daraufhin zur weiteren Ausbildung nach Dresden. Die sächsische Hauptstadt galt damals als das kulturelle Zentrum des heutigen deutschsprachigen Raums, in dem Kunst unter August dem Starken und später seinem Sohn August III. in großem Umfang gesammelt und gefördert wurde. Bereits 1731 wurde der damals erst 19-jährige Dietrich zum sächsischen Hofmaler ernannt, 1746 außerdem zum Inspektor der Dresdner Gemäldegalerie. In dieser Zeit befand sich Dietrich auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Vor allem mit Landschaftsgemälden und Genreszenen hatte er sich einen Namen gemacht. Wenige Porträts aus seiner Hand sind zwar überliefert, doch ist es eher die Darstellung der Natur, die seinen Ruhm begründete. Zudem war Dietrich ein überaus talentierter Radierer. Meisterhaft verstand er es, malerische Qualitäten im Medium der Grafik umzusetzen. Fein nuancierte Grauschattierungen ersetzten die Farbigkeit, jedoch ohne die Bildkraft zu mindern. Grafische Blätter erfreuten sich im 18. Jahrhundert überaus großer Beliebtheit, denn sie ermöglichten einer breiten Bevölkerungsschicht einen anschaulichen Eindruck von der Handschrift bedeutender Künstler zu erhalten, ohne extra reisen zu müssen. Die Grafik kam damit einem wachsenden Bildungsanspruch von Seiten der Bürgerschaft entgegen: Radierungen waren kostengünstiger als Gemälde, so dass sich auch bürgerliche Kunstliebhaber eine eigene kleine Sammlung leisten konnten. Dietrich war ein Hauptvertreter der sogenannten Holländermode und der Hochschätzung Rembrandts im 18. Jahrhundert, dem sogenannten Rembrandtismus. Vor allem seine große Nähe zum Stil der Alten Meister wurden von Zeitgenossen immer wieder lobend hervorgehoben. Ihm gelang es, in der Art unterschiedlichster Meister des 17. Jahrhunderts wie etwa Rembrandt, Jacob van Ruisdael oder Nicolas Poussin zu arbeiten. Den Idealen seiner Zeit entsprechend, versuchte Dietrich, die Bildfindung korrigierend zu übertreffen. Seine Fähigkeit, sich den Vorbildern mit großem Einfühlungsvermögen zu nähern, aber dennoch eine persönliche stilistische Eigenart zu bewahren, brachte ihm schließlich internationalen Ruhm ein.