Marcel Niebuhr, Sideboard, 2009
Die Gute Form – Wettbewerbsarbeiten der Schreinerinnung Rheinland-Pfalz
30. August bis 13. September 2009
Zeitgenössisches Möbeldesign war Ende des Sommers 2009 im Stadtmuseum Simeonstift Trier zu sehen. Die Auswahl von elf exklusiven Einzelstücken zeugte eindrucksvoll von der hohen Qualität der regionalen Tischlerkunst. Handwerkliches Können, ein Gespür für aktuelle Trends und ein Blick für praktische Materialien waren dabei von Belang.
Sideboards, Garderoben, Wein- und Barschränke, HiFi-Möbel und ein Truhensessel – die Auswahl an Innenmöbeln steht exemplarisch für die hohe Qualität des hiesigen Schreinerhandwerks. Drei Jahre dauert die Ausbildung zum Tischler, deren krönender Abschluss das Gesellenstück markiert. Nach eigenen Vorstellungen entwirft und fertigt der Prüfling ein Möbel, mit dem er sein Können unter Beweis stellt. Rund 400 Gesellenstücke entstanden im Jahr 2009 allein in Rheinland-Pfalz, von denen 27 zum Wettbewerb der Innungen des Landes zugelassen wurden. Eine Fachjury, der u.a. auch Prof. Frank Sander, ehemals Professor für Möbeldesign und Innenarchitektur an der Fachhochschule Trier angehörte, wählte die 11 besten Stücke aus, die dann im Stadtmuseum Simeonstift gezeigt wurden. Die beiden Erstplatzierten waren dann in einem Bundeswettbewerb das Land Rheinland-Pfalz vertreten. Die Chancen standen nicht schlecht, im Jahr 2008 wurde das Flurmöbel der Rheinland-Pfälzerin Sonja Pietschmann zum bestgestalteten Gesellenstück des vergangenen Prüfungsjahres gekürt. Auch diese Arbeit war in der Ausstellung vertreten.
Rheinland-Pfalz kann auf eine lange Tradition im Möbelhandwerk zurückblicken. Der gebürtige Mülheimer Abraham Roentgen (1711–1793) begründete bereits im 18. Jahrhundert eine Möbeldynastie, die über Jahrzehnte den gesamten europäischen Adel und Hochadel mit kunstvollen Einzelstücken versorgte. Bei den Roentgen-Möbeln stand das außergewöhnliche kunsthandwerkliche Können im Vordergrund, und so bezeichneten sich die Roentgens selbst auch als Kunsttischler. Anders der in Boppard geborene Michael Thonet (1796–1871), der sich rund ein Jahrhundert später auf die industrielle Fertigung von Möbeln zu konzentrieren begann. Sein berühmter „Stuhl Nr. 14“, heute das so genannte Modell 214, ist ein schlichtes Sitzmöbel mit einer Rückenlehne aus zwei gebogenen Rundhölzern. Er gilt als der traditionelle Stuhl für Wiener Kaffeehäuser und ist das meistproduzierte Sitzmöbel der Welt, zudem eines der erfolgreichsten Industrieprodukte überhaupt – eine rheinland-pfälzische Erfolgsgeschichte.
Während sich in vergangenen Jahrhunderten kostbare Stühle und Kommoden vor allem durch ein überbordendes Dekor, Einlegearbeiten oder vergoldetes Schnitzwerk auszeichneten, setzte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts der Gestaltungsleitsatz „form follows function“ immer mehr durch. Die Gestaltungsform eines Möbels soll sich dabei aus ihrer Funktion herleiten. Umgekehrt kann auch aus der Form eine Funktion geschlossen werden. Funktionalität und eine gelungene, formschöne Gestaltung konnten bis zum 13. September 2009 im Stadtmuseum Simeonstift bewundert werden. Dem Beruf geschuldet, überwiegt das Material Holz, das gekonnt mit Kunststoffen und Metallen kombiniert wurde. Lichtschienen und eine farbige Gestaltung erhöhen den Eindruck von Exklusivität.