Judith Röder, Mein Atem, 2009
Der Ramboux-Preis 2010. Ausstellung mit Werken der Preisträgerinnen Nicole Ahland und Judith Röder
28. August bis 25. September 2011
Der Ramboux-Preis der Stadt Trier 2010 ging zu gleichen Teilen an die Fotografin Nicole Ahland und die Glas- und Videokünstlerin Judith Röder. Kulturdezernent Thomas Egger eröffnete am Sonntag, 28. August die mit der Auszeichnung verbundene Sonderschau.
Die Abwesenheit des Menschen, Stillstand und die vergehende Zeit sind sowohl bei Ahland als auch bei Röder Thema. Beide beschäftigten sich mit Fragen der Vergänglichkeit, fanden dafür aber vollkommen andere Ausdrucksformen. Erstmals wurden diese beiden außergewöhnlichen künstlerische Positionen gemeinsam in einer Ausstellung gezeigt. Die Gegenüberstellung der jungen Künstlerinnen war eine überaus spannende Konfrontation und symbiotische Ergänzung zugleich.
Nicole Ahland
Die in Trier geborene Nicole Ahland (* 1970) hat sich bereits als Fotografin etabliert. Bekannt ist sie für Aufnahmen menschenleerer, in diffus nebeliges Licht gehüllter Innenräume. Dabei geht es Ahland weniger um ein Abbild der Realität, als vielmehr um eine Verfremdung ihres Umfelds, das sie im wahrsten Sinne des Wortes in ein anderes Licht taucht. Meisterhaft gelingt es ihr, den Fotografien eine zweite Ebene zu verleihen. Der Betrachter spürt, dass einst Leben in den Räumen stattfand, die aber nun verlassen daliegen. Themen wie Vergänglichkeit und Entschleunigung werden sichtbar gemacht. Im Stadtmuseum Simeonstift zeigte Ahland neue Arbeiten, die im im Jahr 2010 in St. Peter in Köln entstanden. Ihrem Stil war sie treu geblieben: wieder waren es eigentümlich beleuchtete Innenräume, die sie als Motiv wählte. Doch die Lichtverhältnisse waren extremer: entweder in radikal gleißendes Licht getaucht, erschienen manche der Aufnahmen beinahe in monochromem Weiß. Nur schemenhaft waren Raumecken, Fenster oder Nischen angedeutet. Andere Motive dagegen waren deutlich dunkler. Aus dem fast komplett schwarzen Grund traten kontrastreich helle Lichtpunkte hervor. Vereinzelt war ein Fensterkreuz oder eine Türöffnung zu erkennen, der Rest ruht im Dunkeln. Die Bilder wirkten schon beinahe abstrakt, Formen in schwarz und weiß, losgelöst von einem Objekt.
Judith Röder
Reduktion und Licht-Schattenwirkungen spielen auch im Werk der in Daun geborenen Judith Röder (* 1981) eine große Rolle. Sie arbeitet mit Glas, einem in der Kunstwelt eher ungewöhnlichen Werkstoff. Was sie an diesem Material fasziniert, ist seine Ambivalenz: Durch Glas kann man sehen, aber nicht greifen. Es gibt den Blick, aber keinen Weg frei, ist damit Öffnung und Trennscheibe zugleich. In der Ausstellung präsentierte Röder Glasreliefs, Glaszeichnungen und Glas-Video-Installationen. Besonders spannend waren die Kombinationen von flüchtigen, nicht greifbaren Projektionen auf schwere Glasplatten, also der Gegensatz von Festem und Ephemerem. Ihre Arbeit „Pli“ zeigte schemenhaft das Video eines Bettlakens, unter dem sich ein Mensch bewegt. Die lichten Bilder projizierte Röder auf verformtes Glas, deren unregelmäßige Oberfläche die Abdrücke wiedergab, die man morgens nach dem Aufstehen auf einer Bettdecke hinterlässt. Der Aspekt der Zeit spielte hier hinein: Es ist die Wahrnehmung von Leere, das Zurückbleiben von Spuren, die die Abwesenheit eines Menschen kennzeichnet. Die Falten des Tuches erscheinen wie eine plastische Zeichnung, die von der Bewegung einer Person ausgelöst wird. Sie sind Zeichen von Aktivität, ein Resultat aus dem Wechsel von Stillstand zu Bewegung, von Bewegung zum Stillstand. Doch dieser Prozess ist abgeschlossen, die Zeit ist stehen geblieben, der Moment erstarrt und fixiert. Darin findet sich eine Parallele zum Material Glas. Durch das Schmelzverfahren wird heiße Masse in Bewegung gesetzt, fließt, lässt sich formen und festigt sich wieder. Glasreliefs mit quasi „eingefrorenen“ Textilabdrücken zeugen in der Ausstellung von diesem Vorgang.