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Kleines Objekt mit bewegender Geschichte

Das Erinnerungsstück einer jüdischen Geflüchteten findet seinen Weg zurück nach Trier

Aktuell ist im Stadtmuseum Simeonstift die Ausstellung „Ausrangiert – Vergessene Alltagsgegenstände und ihre Geschichten“ zu sehen. Gegen Ende der Laufzeit fand nun ein besonderer Neuzugang Aufnahme in die Präsentation: eine kleine Spardose, die an die Flucht einer Triererin vor den Nationalsozialisten erinnert. 

Auf den ersten Blick wirkt die kleine rote Metalldose wie eine gewöhnliche Uhr. In ihrem Gehäuse verbirgt sich jedoch ein ausgeklügelter Mechanismus. Wirft man eine Münze in den Dosenschlitz, entriegelt sich das Werk und die Uhr lässt sich aufziehen. Kontinuierliches Sparen hält sie am Laufen – ein außergewöhnliches Spardosenmodell der Sparkasse Trier aus dem frühen 20. Jahrhundert. Doch nicht nur die Besonderheit des Designs macht sie zu einem interessanten Objekt für die aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum. Die Spardose hat eine bewegende Geschichte zu erzählen. 

Der kleine Gebrauchsgegenstand gehörte Henriette Frank, einer jungen, jüdischen Frau aus Trier. Sie und ihre Schwester besuchten das Auguste-Viktoria-Gymnasium, ihr Vater hatte eine Schreinerei in der Rahnenstraße. Henriette arbeitete als Sekretärin bei der Firma Romika in Gusterath. Mit der Verstaatlichung der Fabrik durch die Nationalsozialisten musste sie sich eine neue Stelle suchen. Sie fand eine Anstellung in Luxemburg, von wo ihr 1939 mit Teilen ihrer Familie die Flucht nach England gelang. Im wenigen Gepäck dabei: die Spardose. Da der Schlüssel der Spardose bei der Sparkasse verwahrt wurde, musste die Dose unterwegs aufgebrochen werden. Der feine Uhrwerkmechanismus ging dabei entzwei. Als eins der wenigen Dinge aus der verlorenen Heimat wurde die Spardose dennoch über Jahrzehnte sorgsam verwahrt und als Erinnerungsstück in der Familie weitergegeben. Heute gehört sie Henriettes Sohn Steven Mueller, der in Israel lebt.

Als er von der Ausstellung in Trier erfuhr, schickte er die Spardose mithilfe der Kontakte der AG Frieden auf ihren weiten Weg zurück. Bis zum 27. Oktober ist sie im Stadtmuseum Simeonstift Trier zu sehen.